Das Sexkaufverbot ist in ganz Europa im Anmarsch - 10 Punkte, um dem entgegenzuwirken
Aktualisiert: 17. Juli 2022
In den wenigsten Ländern Europas ist Sexarbeit erlaubt - und es werden immer weniger. Um SexarbeiterInnen zu schützen und nicht in die Illegalität zu treiben, können DienstleisterInnen und Kundschaft gleichermaßen aktiv werden.
1. Freierforen stärker regulieren bzw. verbieten
In Freierforen werden schamlos die intimsten Details wiedererkennbarer SexdienstleisterInnen geteilt. Der menschenverachtenden Haltung der Kundschaft, die in diesen Foren aktiv ist, sind teilweise keine Grenzen gesetzt. Dieses Klientel gibt den PaysexgegnerInnen unglaublich viel Stoff, um gegen Sexarbeit zu argumentieren.
2. Keine ungeschützten Services anbieten bzw. in Anspruch nehmen
SexarbeiterInnen, die ungeschützte Services anbieten, tun das nicht aus Bequemlichkeit, sondern aus einer Notlage heraus. Freier setzten sie unter Druck und betteln sogar während des Aktes, das Kondom abnehmen zu dürfen, obwohl die DienstleisterInnen im Vornherein klar gemacht haben, dass sie das nicht möchten. PaysexgegnerInnen nutzen diese Ausbeutung als weiteres Argument für ein Sexkaufverbot.
3. Eine Preisuntergrenze für Sexualdienstleistungen schaffen
Ohne Gummi für 50€? Bitte nicht. Kundschaft, die Dumpingpreise unterstützt, ist ein gefundenes Fressen für UnterstützerInnen des Sexkaufsverbotes. Das Problem - AnbieterInnen, die für diese menschenunwürdigen Preise arbeiten, tun das aus extremer Not oder einem Wertlosigkeitsgefühl heraus.
4. Das Gespräch auf Angebote wie Sexualbegleitung lenken
V.a. in Altersheimen gibt ein großes Problem mit sexuellen Übergriffen gegenüber dem Personal. Hierbei können SexualbegleiterInnen und SexualassistentInnen Abhilfe schaffen, indem sie - ausgebildet durch einen Lehrgang - ein Sexdienstleistungsangebot für ältere und behinderte Menschen ermöglichen. Selbst PaysexgegnerInnen erkennen, dass solche Angebote extrem wichtig sind, um die Arbeits- und Lebensbedingungen in Heimen zu verbessern.
5. Staatliche Regulierungen akzeptieren
Innerhalb der Community der SexworkerInnen werden manchmal Stimmen laut, die sich gegen die Gesundheitskontrollen stark machen, weil sie sich "in ihrer Menschenwürde verletzt" fühlen. Abgesehen davon, dass die Untersuchungen zur Gesundheit der DienstleisterInnen und Kundschaft beitragen, ist es wichtig, dass der Staat das Gefühl hat, einen Überblick zu haben und die Situation unter Kontrolle zu sehen. Sobald nämlich der staatliche Kontrollapparat blockiert wird, wissen sich die Machthabenden nicht anders zu helfen als Sexarbeit zu verbieten.
6. Demonstrationen organisieren und besuchen
Sexarbeit ist neben Auftragsmord einer der am meisten verachteten Berufe überhaupt. Es ist wichtig, sich öffentlich dafür stark zu machen, dass das gesellschaftliche Stigma gegenüber dieser Branche aufgebrochen wird.
7. Auf die Sprache achten
Sprache schafft Realität. Solange Bezeichnungen wie "Hure" oder "Nutte" abwertend gegenüber Frauen verwendet werden, werden Sexdienstleisterinnen keinen merkbar besseren Ruf erlangen können. Oder empfinden Sie die Berufsbezeichnungen "Ärztin", "Anwältin" oder "Malerin" auch als diffamierend gegenüber Frauen?
8. Offen zur Sexarbeit bzw. Inanspruchnahme der Sexdienstleistungen stehen
Das ist wohl einer der schwierigsten Punkte auf dieser Liste. SexarbeiterInnen werden oft von ihren Familien verstoßen, Freundschaften zerbrechen und andere Berufschancen verfliegen, sobald jemand von der Beschäftigung in diesem Feld erfährt. Wenn wir jedoch schweigen und uns verstecken, können wir Vorurteile, die andere uns gegenüber haben, noch schlechter aufbrechen. Menschen, die Sexdienstleistungen in Ländern anbieten, wo es (noch!) legal ist, müssen hierbei die VorreiterInnen für die Menschen sein, die heimlich in Ländern arbeiten, wo es verboten ist.
9. Sich für länderweit einheitliche Gesetze stark machen
Jedes Bundesland hat seine eigenen Prostitutionsgesetze, was dazu führt, dass sich SexarbeiterInnen teilweise in illegale Situationen begeben, ohne es überhaupt zu wissen. Es muss eine transparente landesweite Gesetzeslage geschaffen werden, um Missverständnisse zu vermeiden.
10. Den Berufsvertretungen für Sexarbeit beitreten bzw. finanzielle Unterstützung leisten
Aufklärungsarbeit braucht Ressourcen, die über die Unterstützung des progressiven Gedankengutes gegenüber Sexarbeit hinausgehen. Finanzielle Mittel sind essentiell, um mehr Aktivismus zu ermöglichen und der Diffamierung unseres Berufsstandes entgegenzuwirken. Alle Menschen, die in Österreich Sexarbeit betreiben oder betrieben haben, können unserer Berufsvertretung (BSÖ) beitreten.