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Ich würd' so gern, aber ich darf nicht!

Vernunftentscheidung: Enthaltsamkeit; ein Modell, das viele von uns schon austesten mussten. Egal, ob es die Studentin ist, die sich wünscht, dass ihr der Herr Professor unter's Kleidchen greift, die Chefin, die gerne den Praktikanten näher kennenlernen würde oder der Arbeitskollege, der mit aller Kraft die professionelle Distanz zu wahren versucht. Es macht keinen Spaß, aber manchmal muss sogar ich mich enthalten. Dabei könnte doch alles so einfach sein!


Das Problem ist nicht der Sex, sondern die Unfähigkeit vieler Menschen, sich emotional davon zu distanzieren. Als Sexarbeiterinnen haben wir es gemeistert, die körperlichen Freuden von allem anderen zu trennen, der Großteil der (weiblichen) Bevölkerung scheint sich mit diesem Thema jedoch schwerer zu tun. Ich kann es verstehen, dass man(n) sich schützt, indem er auf Nummer sicher geht und sich bewusst enthält. Schade finde ich es in meinem Fall trotzdem.


Für mich sind beispielsweise mündliche Prüfungen bei attraktiven Professor(inn)en eine ziemliche Zerreißprobe. Einerseits darf ich deren hübsche Lehrkörper dabei betrachten, andererseits bekomme ich bei jedem Anflug von Geilheit massive Blackouts, weil sich mein Hirn während sexuellen Erregungszuständen automatisch ausschaltet und ich keinen klaren Gedanken mehr fassen kann. Es ist vermutlich politisch inkorrekt oder verwerflich, Folgendes auszusprechen, aber wenn der Herr Professor sich in solchen Situationen erbarmen und seinen Reißverschluss für mich öffnen würde, dann hätte ich diese Probleme nicht. Ich könnte mir das rausgefallene Hirn wieder reinficken und nach dem Sex entspannt zur Prüfung antreten. Ich weiß, ich weiß, Sex mit Autoritätspersonen, die einen benoten, geht gar nicht, versteh ich auch, aber lasst mir doch meine Jungmädchenträume.


Die größte Spannung entsteht in Situationen, in denen ich weiß, dass mein Gegenüber und ich gerne miteinander schlafen würden, es aber aufgrund äußerer Umstände nicht "dürfen". Sobald nämlich kommuniziert wurde, dass beidseitiges Interesse besteht, sieht man einander mit anderen Augen. "Ich würd' so gern, aber ich darf nicht." ist einer der schönsten Gesichtsausdrücke, die ich je erblicken durfte. Bittersüß, niederkniend, entschuldigend - eine großartige Mischung. Momente wie diese trösten mich über die kalte Realität hinweg, in der man nicht mit allen Erwachsenen schlafen darf. Deswegen verabschiede ich mich besser wieder in die Fantasiewelt Prostitution - eine heile Welt, in der alles möglich ist und in der es keine Tabus oder moralischen Verwerflichkeiten gibt. "Ich will und ich darf auch!" gefällt mir immer noch besser als jedes Verbot.

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