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Nutten "von der Straße holen"

Aktualisiert: 17. Juli 2022

Ein Taxifahrer erzählte mir auf dem Weg zur Uni eine Geschichte aus seiner Jugend. Er hatte sich in eine Sexarbeiterin aus Rumänien verliebt, die nach Österreich gekommen war und die er "von der Straße holen" wollte. "Hat sie denn am Straßenstrich gearbeitet?", fragte ich ihn. "Nein, nein, das nicht." "Achso, also meinst du damit, dass sie obdachlos war?" "Nein, auch nicht." "Achso, also hast du sie von der Arbeit abgeholt und nach Hause gebracht?" "Nein nein." Ich war sichtlich verwirrt und fragte, was denn sonst mit "von der Straße holen" gemeint war. Er erzählte mir, dass seine Jugendliebe im Laufhaus arbeitete und sich nicht von ihm "retten" lassen wollte.


Wisst ihr, ich schätze diesen Beschützerinstinkt, den viele Männer haben und finde ihn auch irgendwie sympathisch. Aber leider fußt er in diesem Fall auf Unwissenheit und Vorurteilen. Das Laufhaus ist neben einem eigenen Dominastudio oder einem Heim für alte oder behinderte Menschen einer der freiesten Arbeitsorte für Sexarbeiterinnen in Österreich. Die Mietpreise sind zwar sehr hoch, dafür bekommt man aber ein Arbeitszimmer zur Verfügung gestellt und wird nach Wunsch auf der Website des Laufhauses beworben. Hier muss man keine Angst haben, dass man heimlich gefilmt wird, man kann arbeiten, wann man will und so viel man will, ist vollkommen autonom und hat sogar einen oder mehrere Alarmknöpfe, um im Notfall Hilfe zu bekommen. Im Laufhaus muss man sich weder an die Preise, noch an das Dienstleistungsangebot der Kolleginnen anpassen, man ist Mobbing am Arbeitsplatz weniger ausgesetzt, weil man sich nicht in Gemeinschaftsräumen aufhalten muss und man fühlt sich nicht von irgendeinem Bordellbetreiber unter Druck gesetzt, Kunden anzunehmen und Dinge anzubieten, die man nicht mag. Außerdem haben die Damen im Laufhaus sehr wohl Startkapital zur Verfügung, da man die Miete meist im Voraus zahlen muss.


Die Sexarbeiterin aus dieser Anekdote verdiente vermutlich mindestens drei Mal so viel als der Mann, der sie "retten" wollte. Sie war als Neue Selbstständige auch viel freier als der angestellte Taxifahrer und musste sich nicht vorgegebenen Arbeitszeiten oder einer Chefin unterordnen. All das wusste er, dennoch wollte er sie "aus dem Milieu" rausholen. Vollkommen verständlich wehrte sich die Dame gegen seine Rettungsversuche und ging auf Abstand.


Was tun also, wenn einen der Beschützerinstinkt überkommt und man gar nicht anders kann als Jungfrauen in Not zu retten? Wenn man das nächste Mal einen illegalen Straßenstrich frequentiert und die AO-Dienstleisterin aus Osteuropa für 30€ anal genommen hat, könnte man ihr augenzwinkernd eine Broschüre eines Beratungszentrum für Sexarbeit in Österreich zustecken während man seinen Penis an ihren Haaren abwischt und ihr zum Abschluss noch eine Ohrfeige gibt, "weil sie eh nicht zur Polizei geht". Nein, ernsthaft: Setzt euch für ein Verbot von AO-Werbung ein, habt keinen ungeschützten Geschlechtsverkehr mit Sexarbeitenden, unterstützt keine Dumpingpreise und geht nur zu DienstleisterInnen wie der Laufhausdame aus der Anekdote.

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