Was ist der Unterschied zwischen normalem Escort und Nobelescort?
Aktualisiert: 22. Nov. 2022
Es ist immer wieder amüsant zu sehen, wie sich Escortagenturen aufzuwerten versuchen, indem sie Wörter wie Queen, Royal, High-Class etc. in die Namen ihrer Unternehmen packen. Leider können sie das auch straffrei tun, denn beim High-Class-Escort und seinen Variationen handelt es sich um keine geschützten Begriffe.
Der größte Unterschied zwischen Nobelescort und normalem Escort macht sich zunächst in der Zielgruppe bemerkbar. Meine Kundschaft besteht - und das meine ich in keinster Weise überheblich - aus der Spitze der Gesellschaft. Ich habe das Privileg, mit unglaublich wertschätzenden und klugen Leuten zu arbeiten, die sich trotz meines hohen Honorars mich ausgesucht haben, weil sie wissen, dass es mir gut geht. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen können diese Herrschaften frei entscheiden, ob sie Frauen fördern wollen oder nicht. Die Gfraster unter den Reichen bekomme ich nicht ab, weil die - das ist keine Mutmaßung, das weiß ich durch den Austausch mit Kolleginnen - Billigprostituierte zu sich ins Penthouse im 1. Bezirk bestellen und sich nicht mal dafür schämen, ihnen kein Trinkgeld zu geben.
Mit den gängigen Dumpingpreisen in Wien habe ich folglich nichts zu tun. Für den Nobelescort können mich Neukund(inn)en nur mehr ab mindestens zwei Stunden pro Date buchen und meine Preisuntergrenze hierfür beginnt bei 700€. In meinem Bereich gibt es im Vergleich zu vielen anderen Formen der Prostitution jedoch keine Aufschläge für spezielle Praktiken wie beispielsweise Deep Throating - das Nobelescorthonorar ist ein All-Inclusive-Preis. Die Kundschaft zahlt für unsere gemeinsame Zeit und nicht dafür, dass ich eine Liste von sexuellen Dienstleistungen abarbeite. Auch (völlig absurde) Regeln wie eine begrenzte Anzahl an Orgasmen gibt es im Nobelescort nicht. Mit jedem Neukunden führe ich außerdem entweder gemeinsam mit oder getrennt vom Paydate ein persönliches Erstgespräch, um sich vorab besser kennenzulernen.
Ein weiterer Unterschied zum normalem Escort ist jener der fortlaufenden Weiterbildung. Sobald ein Kursplatz frei wird, werde ich eine Ausbildung zur Sexualpädagogin beginnen. Den Lehrgang Sexualbegleitung/Sexualassistenz habe ich bereits abgeschlossen und in ein paar Jahren werde ich alt genug sein, um die Sexualtherapieausbildung zu beginnen. In meiner Freizeit lese ich Fachbücher, die in meinem Beruf von Bedeutung werden könnten. Derzeit beschäftige ich mich z.B. mit der Geschichte Österreichs, im September beginne ich mit Ballett- und Burlesquekursen und im Herbst besuche ich den Etikette-Kurs des Herrn Elmayer. Ich studiere und schreibe unter meinem Klarnamen Bücher für einen kulturwissenschaftlichen Verlag. Meine Wohnung - Klischees sind oft wahr - zieren alte Ölgemälde, da ich Antiquitäten sammle, selbstverständlich habe ich auch ein Klavier und meine Bücherregale sind prall gefüllt. Außerdem lese ich täglich die Zeitung, höre die Nachrichten - ich habe kein Fernsehgerät - und liebe Politdiskussionen. Als Nobelescort-Dame bin ich bezüglich der (welt-)politischen Lage immer auf dem neuesten Stand. Natürlich bin ich auch selbst politisch aktiv, gebe Interviews zum Thema Sexarbeit und versuche aufzuklären. Es gibt keine Grenze nach oben, ich werde nie aufhören, mich weiterzubilden und für die Rechte von uns Sexarbeiterinnen zu kämpfen.
Glauben Nobelescortdamen, dass sie aufgrund solcher Umstände besser sind als andere Prostituierte? Wenn sie echte Nobelescortdamen sind, dann nicht. Ich finde es höchst problematisch, wenn sich Sexarbeiterinnen nicht zu ihren Kolleginnen bekennen. Der Nobelescort ist eine Variation von Prostitution, die einige österreichische akademisch gebildete Sexarbeitende ablehnen, weil ihnen das Geschäftsmodell und die Arbeitsumstände einfach nicht zusagen. Ich verstehe das absolut, wenn man lieber im Laufhaus arbeitet, anstatt diese ganzen Vorbereitungen, die der Nobelescort mit sich zieht, vor jedem Kunden zu wiederholen.
Vor einem Date unterziehe ich mich nämlich einer Beauty-Routine, nehme ein Schaumbad, rasiere mich überall, verwende unterschiedliche Hautcremen und Masken, lege mir Outfits zurecht, die sich die Kundschaft von mir gewünscht hat, und brauche insgesamt einfach lange bis ich zurechtgemacht bin. Eine meiner Kolleginnen, die in der klassischen Sexarbeit tätig ist, braucht vor dem ersten Date des Tages maximal 20 Minuten. Obwohl sie für 150€/h arbeitet, verdient sie nicht weniger als ich, weil sie ihr Geld lieber über die Masse macht, während ich den Individualansatz bevorzuge. Mit diesem Geschäftsmodell habe ich höchstens zwei Dates pro Tag - aber auch nur dann, wenn das eine in der Früh und das andere am Abend stattfindet und sich das überhaupt mit der Uni und der Betreuung meines Hundes - selbstverständlich aus einem Tierheim adoptiert - ausgeht. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Präferenzen und Lebensumstände.
Was auch zum Nobelescort gehört, ist berufliche Selbstständigkeit. Wenn man Deutsch spricht, gibt es (bis auf finanzielle Schwierigkeiten) für echte Nobelescortdamen keinen Grund, für Agenturen o.ä. zu arbeiten. Meiner Meinung nach kann es überhaupt keinen echten High-Class-Escort über Vermittlungsinstitutionen geben, da die Damen die Kundschaft vorab nicht einmal persönlich betreuen und ganz offensichtlich nicht in der Lage sind - oder noch schlimmer: nicht in der Lage sein wollen -, ihr Klientel selbst zu akquirieren. Ich weiß, ich wähle harte Worte, aber Bequemlichkeit, Unselbstständigkeit oder gar Faulheit sind keine Eigenschaften von Edelprostituierten. Im High-Class-Bereich wählt man seine Kundschaft sorgfältig aus und datet nicht einfach irgendwelche Leute, die man vorab nicht unter die Lupe genommen hat.
Weiters verpflichte ich mein Klientel zur Diskretion - die logischerweise auf Gegenseitigkeit beruht -, weil ich öffentliche Rezensionen über Paysex-Anbieterinnen als abartig und intimsphäreverletzend empfinde. Es ist niveaulos, derartige Informationen nach außen zu tragen, doch die gängigen Escort-Inseratsplattformen sind überfüllt mit diesen Schweinereien. Auch in der Sexarbeit darf man sich ein wenig Konservativismus beibehalten und muss sich nicht wie eine Ware im Internet bewerten lassen (zumal mein Klientel sich eh nicht mit solchen Schwachsinnigkeiten beschäftigt).
Hierbei muss ganz klar der finanzielle Polster erwähnt sein, der für Nobelescort fast unumgänglich ist. Im Falle des Brechens meiner Diskretionsvereinbarung habe ich genug Mittel, um direkt vor Gericht zu ziehen. Auch für Kleidung - die nicht teuer, sondern qualitativ sein muss -, Make-Up, Arbeitsuntensilien, Fahrtkosten, Marketing, Steuerberater/innen, juristische Beratung etc. braucht man Geld. Hätte ich diese Mittel nicht gehabt, hätte ich zuerst mit normalem Escort ohne Fahrer, Fotoshooting und Website begonnen, um zu sparen und mich hochzuarbeiten.
Am allerwichtigsten ist abschließend die Freude an der Arbeit. Frustrierten Nobelescort gibt es nicht. Nicht, weil wir Damen immer glücklich sind, sondern weil nichts nobel daran ist, seinen Job widerwillig zu tun. Man kann noch so gebildet, reflektiert und selbstständig sein - wenn man sichtlich schlecht gelaunt zum Date geht und nicht mit voller Leidenschaft dabei ist, dann ist es kein Nobelescort.