Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: "Unmündige" Erwachsene
Aktualisiert: 17. Juli 2022
Es ist immer wieder erstaunlich: meine Kolleginnen und ich werden regelmäßig nach unseren Preisen gefragt, obwohl sie überall stehen und leicht zu finden sind. Ich habe schon längere Kundengespräche geführt, bei denen ich am Ende gefragt wurde, wie viel denn überhaupt eine Stunde mit mir kostet. Das waren keine Menschen, die so reich waren, dass der Preis egal gewesen wäre, sondern welche, die dann abgelehnt haben (oder die ich dann abgelehnt habe), weil sie es sich nicht (oder nur schwer) leisten konnten. Mehr als die Hälfte der Leute, die mich kontaktieren, haben sich vorher nicht meine Website angesehen, obwohl ich das als Voraussetzung für Kontakt mit mir gelistet habe. Fremde ohne Profilbild oder Namen fragen mich per WhatsApp, ob ich nicht zu ihnen nach Hause kommen könnte, obwohl ich sogar beim Inserat nochmal extra dazugeschrieben habe, dass ich nur Begleitservice und Hotelbesuche anbiete. Überall steht "Kein Service ohne Schutz" und ich werde trotzdem nach AO gefragt - es ist verrückt.
Ja, es gibt Spinner, die nur die Zeit von Sexarbeiterinnen verschwenden wollen, aber der Großteil dieser Menschen ist wirklich einfach zu faul zum lesen. Und das nicht nur im Kontext der sexuellen Dienstleistungen: Auf der Uni haben wir dank der Pandemie asynchrone Kurse, bei denen wir nur alle paar Wochen online zusammenkommen, um Fragen stellen zu können. Der Großteil der Fragen, die da gestellt werden, wären jedoch komplett vermeidbar gewesen, wenn die Studis einfach die Informationen gelesen hätten, die uns zur Verfügung stehen. (Und das ist kein Problem der Jugend, wir haben sehr viele Ü40-Studierende, die genauso deppat sind!) Da kommen dann keine Verständnisfragen zum Stoff, sondern Fragen nach dem Prüfungsformat oder nach der Dauer der Prüfung. Auf diese Informationen bekommen wir schon vor (!) Semesterbeginn Zugriff. Dementsprechend genervt reagieren auch die Profs und mir scheint es als würden manche (berechtigterweise) immer mehr den Respekt vor uns Studierenden verlieren. Wie kann man auch glauben, in der Wissenschaft etwas verloren zu haben, wenn man nicht mal selbstständig genug ist, nachzuschauen, wie lange eine Prüfung dauert?
Es ist mir unklar, wie es sein kann, dass sich so viele Menschen anscheinend nicht zu helfen wissen. Auch für Begriffsdefinitionen wie "Algierfranzösisch" kontaktiert man mich, anstatt es einfach in die Google-Suchleiste zu tippen. Wenn ich merke, ein Interessent hat sich gar nichts - also nicht mal die Preisliste - durchgelesen bevor er mir geschrieben hat, dann antworte ich i.d.R. gar nicht, weil ich das einfach respektlos und blöd finde. Ich mag keine absichtlich unmündigen Erwachsenen - ich bin Nutte und nicht Tagesmutter.